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Riesenüberraschung: Cola doch nicht gesund!

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Die Zeitungen haben ihren nächsten Wir-werden-alle-sterben-Aufmacher gefunden: nun soll also Cola der nächste heiße Kandidat für die Ursache des Untergangs des Abendlandes sein. Moment mal, Cola ist also nicht das gesundheitsfördernde Ökogetränk, für das wir es immer alle hielten? Ich bin schockiert, wirklich.

Die Meldungen in diversen Newstickern lesen sich alarmierend:

Und was ist dran? Wie üblich nicht viel. Es dreht sich um eine Studie mit dem (für medizinische Fallstudien) geradezu reißerischen Titel "Cola-induced hypokalaemia: pathophysiological mechanisms and clinical implications", durchgeführt von Medizinern der Universität von Ioannina, und um einen Kommentar des Arztes und Medizinprofessors Clifford Packer in derselben Ausgabe des "International Journal of Clinical Practice", einer medizinischen Fachzeitung.

Nun ist meine Meinung über medizinische Fachaufsätze im Allgemeinen schon nicht besonderlich hoch, denn hier wird mit schönster Regelmäßigkeit auf Grundlage von Datensammlungen argumentiert, die vom statistischen Standpunkt derartig unzureichend sind, daß man mindestens 80% der gezogenen Schlüsse zumindest als unzureichend begründet bezeichnen muß, wenn nicht gleich als glatt gelogen. Keine andere Fachrichtung traut sich, derartig viel in derartig wenige Fakten zu interpretieren, und der Artikel von VasilisTsimihodimos et al. ist keine Ausnahme.

Mike Hall von der "Merseyside Skeptics Society" weist zum Beispiel darauf hin, daß in dem Papier der griechischen Mediziner gerade einmal sechs Fälle (sic) präsentiert werden, die im Laufe von 15 Jahren aufgetreten sind. Es ist also wirklich Grund für Panik angezeigt! Ich möchte noch hinzufügen, daß die Forscher selbst ausdrücklich keine Aussage darüber machen, welche Bestandteile der Cola nun genau für die beobachtete Hypokaliämie verantwortlich sein sollten, außer daß man "glaube" (sic), ein Großteil der Wirkung ginge auf den Koffeingehalt zurück. Einige Publikationen (z.B. der FOCUS) übernahmen dies als Tatsache und titelten entsprechend (s.o.).

Lehnen wir uns einmal zurück und schauen uns die Ergebnisse genau an. Es geht um Menschen, die zwischen zwei und zehn(!) Litern Cola pro Tag zu sich nahmen. Das entspricht alleine einer Zuckeraufnahme zwischen 200g und 1kg pro Tag, verbunden mit einer Aufnahme von 2-8g reinster Phosphorsäure, praktisch unabhängig von der Colasorte. Das bei derartig großen Mengen Zucker und anorganischer Säure (in sämtlichen Fällen über viele Monate hinweg) der Organismus durcheinander kommen kann, sollte nicht wirklich überraschen. Folgeprobleme wie z.B. Zahnschädigung und Übergewicht sind lange bekannt, und massives Übergewicht kann bereits an sich schon eine Vielzahl von Stoffwechsel-Schieflagen nach sich ziehen.

Es wurde bei der Behandlung der Patienten üblicherweise nicht nur der Colakonsum reduziert, sondern auch der Kaliummangel direkt behandelt, was jede ernsthafte Untersuchung eines eventuellen kausalen Zusammenhangs mit einzelnen Inhaltsstoffen schlechterdings unmöglich machte. Der Koffeingehalt von 2L Cola entspricht ungefähr 2-5 Tassen Kaffee je nach Stärke, keine überwältigend große Anzahl. Es wurden von den Ärzten aber keine Vergleiche mit exzessiven Trinkern von schwarzem Kaffe gezogen. Warum nun also ausgerechnet das Koffein der Hauptschuldige sein soll, erklärt die Studie der Griechen nicht.

Auch zucker- und koffeinfreie "Light"-Produkte sollen nicht ungefährlich sein, so ist zu lesen, und diese Aussage ist vor allem eine Information über den (mangelnden) Gehalt der Studie an sich. Einige Light-Colas beinhalten zwar Fructose als Zucker-Austauschstoff, welche nur schlecht resorbiert wird und mitunter sogar im Ruf steht, besonders schnell in Fett umgesetzt zu werden. Andere setzen diverse Süßstoffe ein, die sogar gänzlich unverdaulich sind. Wenn man aber von einem unverdaulichen Stoff signifikante Mengen konsumiert, ist nicht zuletzt üblicherweise Diarrhoe die Folge, und wenn jemand wochenlang Durchfall hat, dürfte Kaliummangel nur eine negative Erscheinung unter vielen sein. Wer dabei nicht auf die Idee kommt, seine Konsumgewohnheiten zu untersuchen, dem ist allerdings eher schlecht zu helfen.

Letztlich enthält der Artikel vonTsimihodimos et al. also weder wirklich neue noch irgendwie wertvolle Informationen, außer daß manche Menschen in westlichen Industrienationen mit dem Überangebot an potentiell ungesunden und viel zu energiereichen Lebensmitteln noch schlechter umgehen können als die Mehrheit. Nur: seitwann ist das eine Neuigkeit?


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