Wenn noch jemand wissen will, wieso ich den Gesundheitskarten-Mist nicht akzeptiere, sei darauf verwiesen, wer die telematische Infrastruktur für die „Gematik” aufbauen soll.
Die entsprechende Ausschreibung hat die „Arvato Systems” gewonnen, eine Bertelsmann-Tochter. Das wäre zunächst einmal nicht weiter brisant, wenn da nur nicht diese unschönen Kleinigkeiten wären: nach einem Bericht des Heise-Verlags hat die Arvato nämlich selbst Tochterfirmen: „AZ Direkt” und „Arvato Infoscore”, welche ihres Zeichens Adresshändler und Scoring-Unternehmen sind. Honi soit qui mal y pense.
Konnte man bisher durch einen Arztwechsel zumindest theoretisch einen aktentechnischen Neuanfang erreichen, wird dies spätestens nicht mehr möglich, wenn alle Welt die elektronische Krankenakte aufgezwungen bekommen hat. Natürlich, ich weiß: alles freiwillig! Aber sagen wir lieber: noch. Meine Erwartung ist, dass es mit der Freiwilligkeit spätestens dann ein Ende hat, wenn die Infrastruktur etabliert ist. Dann wird es heißen: „aus Kosten- und Effizienzgründen, bla bla, muss leider sein”, mit anderen Worten: keine Wahl mehr. Und dann wird die depressive Episode, die Ihr Hausarzt in die Kartei geschrieben hat, um für den Beratungstermin mehr abrechnen zu können, Sie bis zu Ihrem Lebensende überallhin begleiten. Ist doch eine schöne Vorstellung, oder?
Das andere Problem: Datensammlungen wecken nun einmal Begehrlichkeiten. Dabei rede ich nicht einmal unbedingt von der Staatsmacht, die natürlich irgendeine Ausrede erfinden wird (Terror, organisierte Kriminalität), um in den Krankendaten der Republik herumzuschnüffeln. Nein, dies gilt auch und ganz besonders für die Wirtschaft. Ich mache mir da keine Illusionen: sind die Daten da, werden sie geklaut werden. Versicherungsunternehmen reiben sich die Hände: ein Blick in die Akte ist billiger und umfassender als jede Gesundheitsprüfung. Und wenn man wissen will, wieso man abgelehnt wurde, wird auf irgendeinen undurchsichtigen Scoring-Wert verwiesen. Auch Ihr zukünftiger Arbeitgeber kann sich dann direkt auf dem Schwarzmarkt Ihre medizinischen Daten für ein paar Euro kaufen. Schwarzmalerei? Mag sein. Aber ich fürchte, selbst noch so schwarze Prophezeiungen werden am Ende durch die Realität überholt, wie immer.